Pressemitteilung vom 19.12. 2023
11 Tage lang haben wir die Druckerei besetzt. 11 Tage lang haben wir die Uni, das Land und die Polizei vor uns hergetrieben. 11 Tage lang waren in den Straßen und über den Dächern Bockenheims unsere Rufe, unser „Nein“ für alle zu hören, unser Aufbegehren zu spüren.
Heute in den frühen Morgenstunden hat die Polizei im Schutze der Dunkelheit, sich dem Licht der Öffentlichkeit entziehend, die Besetzer*innen vom Dach geräumt. Wie zu erwarten war, nicht ohne dabei die brachiale Gewalt der letzten Tage fortzusetzen und unsere Genoss*innen zu verletzen.
Mehr als 110 Stunden hatten sie auf dem Dach ausgeharrt. Trotz Kälte, trotz fehlender Versorgung, trotz Belagerung durch die Polizei: sie hatten immer ein Lächeln auf ihren Lippen, immer die Fäuste oben zum Gruß, ihre Stimmen waren in unseren Sprechchören immer laut vernehmbar.
Aber nicht nur oben auf dem Dach waren wir entschlossen, die Druckerei als einen Ort des gemeinsamen politischen Zusammenkommens, des Erinnerns und der sozial-ökologischen Umgestaltung des Campus Bockenheim von unten zu erkämpfen. Auch auf der Straße vor der Druckerei begleiteten Hunderte über die letzten Tage die Besetzung und auf der Mahnwache vor der Druckerei entstand ein Raum der kollektiven Solidarität, des Teilens von Geschichten und von Wut, des Erlebens des Gemeinsamen. Mit einer wütenden Demo trugen wir unsere Forderungen Sonntagabend an den IG-Farben-Campus. Zahlreiche Solidaritätsbekundungen und offene Briefe von Instituten, Künstler*innen, politischen Organen, Initiativen, Nachbar*innen und Genoss*innen erreichten uns und adressierten die Uni und das Land. Nicht zuletzt stellte sich Donnerstagabend die studentische Vollversammlung, einberufen vom AStA, auf unsere Seite.
Kein Wunder also, dass die Uni Angst bekommen hat. Kein Wunder also, dass die Polizei mit hunderten Wannen, Einheiten, Hebebühnen, Helikoptern und Drohnen kam. Kein Wunder also, dass sie versuchten unsere Leute auf dem Dach auszuhungern. Kein Wunder also, dass sie durch Platzverweise für Menschen von der Mahnwache versuchten, unsere kämpferische Solidarität in die Schranken zu weisen.
Die stumpfe Gewalt, die von den Kräften der Ordnung – Polizei, Uni und Land Hand in Hand – ausging, ist nun mal die einzige Sprache, die sie sprechen, wenn ihre Fassade der Diskursoffenheit und der demokratischen Toleranz bröckelt. Sie haben keine andere Antwort auf unsere Kämpfe von unten.
Wir kommen wohl nicht darum herum, uns zu den lächerlichen Ausführungen des Universitätspräsidiums zu äußern, mit denen sie auf sechs Seiten versuchen, ihr Gesicht zu wahren. Wir wissen: ohne die Mittel, die wir gewählt haben, um unsere Forderungen deutlich zu machen, ohne unsere Entschlossenheit, unser Durchhaltevermögen und unsere Wut wäre die Uni und das Land nie auch nur einen einzigen Schritt auf uns zugekommen. Deshalb waren, was wir taten, notwendige und legitime Schritte, mit denen wir uns Gehör verschafften. Verhandlungen mit dem Druckerei-Kollektiv wurden erst angeboten, als wir sie mit der Besetzung erzwangen. Und selbst dann erst, als unsere Delegierten quasi ans Büro des Präsidenten klopften. Jegliche erste Kontaktaufnahmen mit der Uni seitens des Kollektivs via Mail wurden ausgeschlagen.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn konnten wir nur an den Verhandlungstisch holen, weil unsere Leute sich dazu entschieden hatten, den Druck zu erhöhen und dem ersten Räumungsversuch der Polizei auf dem Dach zu trotzen. Nur folgerichtig, dass sie ihr Gesprächsangebot heute Morgen, just im Moment der endgültigen Räumung des Daches, wieder zurückzog. Das sagt alles über ihre heuchlerische Haltung, die sich mehr schlecht als recht hinter der Maske von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verbirgt. Demokratisch und offen für Dialog sind Uni und Land nur, wenn wir uns den Dialog von unten erkämpfen.
Sowohl das Präsidium als auch Angela Dorn knüpften die Verhandlungen an die Bedingung, dass wir uns durch das Verlassen des Gebäudes in eine ohnmächtige Position begeben. Wie lächerlich also auch die Behauptung, wir – und nicht sie – hätten uns auf die Verhandlungen nicht eingelassen: mit unserem Zugeständnis, uns auf eine Zwischennutzung einzulassen, sind wir auf unser Gegenüber zugegangen. Trotz der Machbarkeit dieses Unterfangens stießen wir auf taube Ohren. Wir sind diejenigen, die Verhandlungen wollten und erkämpft haben. Seitdem das Ultimatum der Uni letzte Woche verstrichen ist, gab es keine neuen Gesprächs- oder sonstige Angebote vonseiten der Uni.
Dabei zeigt sich auch, wie weit sich das Universitätspräsidium entfernt hat von der kritischen Stadtgesellschaft und von den eigenen Studierenden: Die Forderungen einer studentischen Vollversammlung wurden genauso ignoriert, wie zahlreiche Solidaritätsbekundungen von universitären Organen und Mitarbeiter*innen. In derselben Manier autoritärer Ignoranz wird auch das neue Studierendenhaus auf dem IG-Farben-Campus infrage gestellt. Eine aktive Studierendenschaft, die mehr will als sich in der grauen Schießschartenarchitektur des IG-Farben-Campus einzurichten, ist unerwünscht.
Dabei ist das alles nicht so kompliziert und wir sagen es hier noch einmal: Wir wollen eine Zwischennutzung als Ort des solidarischen Zusammenkommens, als Ort des Austausches, als Ort der demokratischen Selbstverwaltung, als Ort der Zivilgesellschaft und der Kämpfe von unten für eine Stadt für alle. Und wir wollen den Erhalt des Gebäudes.
Wir haben gezeigt, wie eine andere Stadt von unten aussehen kann: solidarisch und radikal demokratisch. Wir haben gesehen, dass es diese Stadt eben nur von unten geben kann. Sie muss gegen die Stadt von oben erkämpft werden. Wir haben vielleicht die Druckerei heute nicht gewonnen, aber wer sagt, dass das letzte Wort schon gesprochen ist?
Was wir klargemacht haben: das letzte Wort sprechen nicht die Knüppel und die behelmten Einheiten im Auftrag von Uni und Land, die uns schon letzten Sommer aus unserem Haus vertrieben. Das letzte Wort sprechen immer noch die, die sich nicht zufriedengeben mit dem, was ist. Das letzte Wort haben wir, die Träumer, die Mutigen, die Wütenden. Die, die alles über Bord werfen und handeln, wenn die traurige Fassade des kapitalistischen Alltags Risse bekommt.
Unsere Träume lassen sich nicht räumen.
Wir kommen wieder – der Kampf um unsere Druckerei ist noch lange nicht vorbei!